Ernten ohne zu säen
„Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?“ (Matthäus 6, 26)
Die Stelle aus dem Matthäusevangelium ist eine der Bibelstellen, die mich in meinem Glaubensleben mit am häufigsten herausfordert. Im Vergleich mit den Vögeln versucht Jesus uns hier zu vermitteln, dass wir keine Angst haben sollen vor dem was kommt. Ganz im Gegenteil sollen wir darauf vertrauen, dass er es letzten Endes ist, der uns versorgen wird. Das ist keine leichte Stelle. Wer erntet schon ohne zu säen?
Ehrlich gesagt und zum Beispiel, war ich das. Ich habe zusammen mit meinen Kindern geerntet, was wir nicht gesät hatten. Wir haben es vielleicht ab und zu ein bisschen gegossen, aber sonst hatten wir rein gar nichts mit dem Anbau des Gemüses zu tun. Während unser eigener Garten in den letzten Wochen leider nicht mehr so viel Ertrag gebracht hat, war der Garten bei meiner Mutter trotz geringer Anbaufläche sehr ertragreich. So haben wir drei Wochen Gurken, Tomaten, Zucchini, Wassermelone und Himbeeren geerntet. Und das (lag nur daran, dass meine Eltern in Urlaub gefahren sind. Folglich konnten sie es selbst leider nicht ernten. Es ist uns also sozusagen „in den Schoß gefallen“.
Dieser sehr erfreuliche Umstand hat mich noch einmal dazu veranlasst zu überlegen. Ob ich nicht doch häufiger ernte, was ich nicht säe? Auch wenn mir das vielleicht nicht immer bewusst ist?
Zugegeben. Das Beispiel von meiner Familie mit der Ernte in einem anderen Garten passt schon sehr wörtlich zu dem Gleichnis. Geht es doch sehr wohl und vorrangig um Nahrung. In einem breiteren Kontext gedacht, könnte man aber wohl auch sagen, dass es um Versorgung geht. Da stellt sich die Frage, ob Gott uns versorgt. Versorgt er uns mit allem, was wir brauchen?
Eine Hebamme hat mir einmal die wichtigsten Dinge aufgezählt, die ein neugeborenes Baby braucht: „Satt, trocken, warm und lieb.“ Natürlich entwickelt ein Mensch, wenn er heranwächst oder das Erwachsenenalter erreicht, weitere Bedürfnisse. Aber wenn man mal gedanklich dabei bleibt, dann müsste ich zumindest für mich selbst bekennen, dass diese Grundbedürfnisse erfüllt sind. Ich fühle mich satt. Ich habe trockene Kleider (sogar mit Auswahl im Kleiderschrank). Mir ist warm und einige Menschen, darunter vor allem mein Mann, meine Kinder und meine Eltern, haben mich sehr lieb.
Aber welche von diesen vier Dingen habe ich mir selbst zu verdanken? Was habe ich mir mit eigener Leistung hart erarbeitet und was davon hat Gott mir geschenkt? Bei der Liebe ist es am einfachsten. Liebe kann man sich nicht verdienen, nicht erarbeiten und schon gar nicht erzwingen. Also glaube ich, dass sie mir geschenkt wurde. Trocken scheint in der heutigen Zeit auch keine Herausforderung zu sein – zumindest falls man ein Zuhause hat. Die Geschichte, wie wir unser Zuhause damals gefunden haben, war allerdings auch sehr spannend. Wir haben es zwar nicht geschenkt bekommen, aber wir konnten es damals unter dem Marktwert erwerben. Sonst hätten es sonst wir es wohl auch nicht gekauft. Für mich persönlich war es damals ein Geschenk und das ist es noch heute.
Ich werde diese Liste jetzt nicht noch weiter ausführen. Aber vielleicht kann ich dich - lieber Leser – einladen, auch einmal darüber nachzudenken. Wo hast du schon etwas bekommen, das du nicht verdient hattest? Wo wurde dir, ohne jeden Beitrag deinerseits, etwas geschenkt (und jetzt bitte nicht nur zum Geburtstag)? Sind die Umstände dabei etwas seltsam gewesen? Waren sie so gar nicht alltäglich oder haben ganz zufällig haargenau zu dem Bedürfnis gepasst, das du gerade hattest? Dann überlege doch mal, ob es nicht vielleicht doch Gott war, der dich versorgt hat.
Stephanie S.